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Psychosomatische Medizin

umfasst den ganzen Menschen und seine Lebensumwelt. Dies bedeutet, dem individuellen Menschen und nicht seiner Erkrankung zu begegnen. Wir wenden uns ganz explizit der andersartigen Welt des Gegenübers zu und laden unsere Patienten ein, uns aus dieser Welt zu erzählen. Dabei nehmen wir Abstand von dem Gedanken, dass die Welt eindeutig definiert ist und es monokausale Erklärungen für die Leiden unserer Patienten gibt. Selbst wenn eine Erkrankung einen definierbaren Anfangspunkt hat, so entwickelt sich mit Fortschreiten der Zeit eine ganz individuelle Umgangsstrategie mit allen lebensgeschichtlich geprägten Besonderheiten. In dieser offenen Haltung ordnen wir erfolgte Vorbehandlungen ein, erheben erforderliche Untersuchungsergebnisse und stellen mögliche Behandlungsangebote zur Verfügung – immer im Austausch mit unseren Patienten. Dies findet in der psychosomatischen Sprechstunde statt, welche erstmal eine Bestandsaufnahme ermöglicht.

Die Psychosomatische Medizin nimmt in Deutschland eine Sonderstellung ein und hat sich aus mehreren Quellen entwickelt. Wesentlich war Ernst Simmel – Analytiker (*1882 †1947), der 1927 in Berlin Tegel eine psychotherapeutische Klinik eröffnete. Zielgruppe waren damals u.a. Patienten mit Neurosen, Süchten und Persönlichkeitsstörungen. Er legte besonderen Wert auf die Arbeit im therapeutischen Team. Er gründete mit Karl Kollwitz und Ignaz Zadek den Sozialdemokratischen Ärzteverein und wurde zu einem der Pioniere der Sozialmedizin. Die Schließung der Klinik wurde durch die Wirtschaftskrise 1931 bedingt. Zeitgleich gründete Viktor von Weizäcker (*1886 †1957; er begann als Physiologe, habilitierte sich als Internist, wurde 1930 Professor für Neurologie in Heidelberg, 1941 Ordinarius für dieses Fach in Breslau und 1946 Ordinarius für Allgemeine klinische Medizin in Heidelberg) im Sinne seiner anthropologischen Medizin in Heidelberg eine stationäre integrative Behandlungsmöglichkeit, die der inneren Medizin zugeordnet war. Sein Ziel war eine Reform der Medizin hin zu einer nicht mechanistischen, nicht materialistischen Medizin („Als Vorstufen der ‚neuen Medizin‘ können deshalb nur solche Formen gelten, in denen das Subjektive, Innerliche der Person oder des Geistes zugelassen, eingeführt und als real genommen wird“ und „das Subjekt einlässt, Motiv und Ziel erwägt, den Umgang des Menschen mit sich selbst, der Menschen untereinander kultiviert“). Thure von Uexküll (*1908 †2004) verfolgte einen ähnlichen Gedankengang, der die Psychosomatische Medizin ebenfalls bedeutend mitgeprägt hat. Er plädierte für die Integration des psychosomatischen Gedankengutes in alle medizinischen Fächer und gründete die Akademie für integrierte Medizin. Er war geprägt vom Konstruktivismus und verstand den lebenden Körper als Teil eines Systems, das sich autopoietisch als Einheit aus Organismus und Umwelt erzeugt, und für das Gesundheit daher „Saluto-genese“ und Krankheit Störung seiner Salutogenese bedeuteten (Organismen „übersetzen“ ihre „Umgebung“ in die zu ihnen „passenden Umwelten“ beziehungsweise stellen mit ihren „Deutungen“ die „Passung’’ zwischen sich und ihrer Umwelt her). Diese Gedanken finden wir heute in der psychosomatischen Grundversorgung wieder. Diese Weiterbildung ist z.B. verpflichtend für den Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie die Durchführung der speziellen Schmerztherapie. Das biopsychosoziale Krankheitsmodell wurde 1977 vom amerikanischen Internisten und Psychiater George L. Engel (1913–1999) entwickelt. Das biopsychosoziale Krankheitsmodell umschreibt die Verflechtung von biologischen, psychischen und sozialen Faktoren und ihre kausale Bedeutung in der dynamischen Wechselbeziehung für die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten.

 

Es zeigt sich anhand der Historie wie fachlich breit aufgestellt die Wurzeln der psychosomatischen Medizin sind und es sich in Ergänzung zu den übrigen Fächern der Medizin eben nicht auf ein Organsystem bezieht, sondern auf das einzigartige subjektive Erleben des Patienten, sein individuelles Leiden und die Wechselwirkungen mit seiner Lebensumwelt. Dieser Zugang umfasst eine bestimmte Haltung der Offenheit und Akzeptanz gegenüber der Andersartigkeit des Anderen. Dies ist eine zutiefst ethische Haltung. Mit den Worten von Giovanni Maio (* 1964; Studium der Medizin und Philosophie, seit 2005 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig, wo er Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin ist) geht es „aber nicht nur um die Qualität der Prozesse, um das Messbare“, „es geht um die Qualität des Zuhörens, der Begegnung, das Mitfühlen, das Besprechen. Es zählt nicht nur die Einhaltung einer formalen Vorgabe, sondern auch immer das Wie“.

Diese Erläuterungen zeigen, dass es eine klare Abgrenzung typisch „psychosomatischer Erkrankungen“ nicht gibt, sondern die Indikationsfelder bestimmt werden durch das Erleben des Betroffenen in seiner Erkrankung und der entstehenden langfristigen negativen somatischen und psychosozialen Konsequenzen. Hieraus können folgende wesentliche Bereiche der psychosomatischen Medizin abgegrenzt werden:

 

1. Die Psychische Komorbidität bei somatischer Krankheit

Hierbei kommt es bei schweren körperlichen Grunderkrankungen wie z.B. Tumorerkrankungen, Stoffwechselstörungen, chronischen Darmerkrankungen, Multiple Sklerose, Psoriasis, Neurodermitis oder Endometriose zu psychischen Folgeerkrankungen wie Ängsten und Depressionen.

 

2. Die somatische Komorbidität bei psychischen Erkrankungen

Hierbei zeigen sich die psychischen Erkrankungen vorrangig auf der somatischen Ebene wie bei Essstörungen (Anorexie, Bulimie, Adipositas) und artifiziellen Störungen (selbstinduzierte Erkrankungen).

 

3. Die psychischen Erkrankungen mit erhöhter Anforderung an die Anpassungsleistung und oft erhöhter somatischer Komorbidität

Hierzu zählen u.a. die Persönlichkeitsstörungen, ADHS und Autismusspektrumstörungen

 

4. Somatoformen Störungen oder funktionelle Körpersyndrome

Hierbei bestehen Körperbeschwerden, welche mit einer erhöhten Körperaufmerksamkeit einhergehen und bei denen nicht notwendigerweise somatische Grunderkrankungen bestehen müssen wie u.a. beim Reizdarmsyndrom, Fibromyalgie, Herzangst.

 

5. Chronische Schmerzen

Hierbei bestehen entweder begleitende somatische Grunderkrankungen oder der erlebte Schmerz überdauert die initiale Erkrankung und chronifiziert. Dies führt zu massiven Einschränkungen der Erlebniswelten der Betroffenen und oft unsichtbarem und daher umso quälenderem Leiden.

 

6. Traumafolgestörungen

Komplexe Auswirkungen auf allen Ebenen des Daseins durch lebenserschütternde Erlebnisse u./o. serielle Bindungstraumatisierung in der Biographie (einfache und komplexe PTSD).

 

7. Bewältigung von Lebenskrisen und Anpassungserschwernissen

Hierzu zählen u.a. anhaltender Ärger, Feindseligkeit, Irritabilität, pathologische Trauer, Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Demoralisierung oder Aufgabereaktionen sowie auf der Ebene des Krankheitsverhaltens Aspekte von Alexithymie, Krankheitsverleugnung und auch Gesundheitsängste, amplifizierende und katastrophisierende Wahrnehmung von körperlichen Symptomen

Es zeigen sich somit an vielen Stellen Überschneidungen mit anderen Fachbereichen, was die Bedeutung der Zusammenarbeit verdeutlicht. Es ist schließlich Aufgabe der psychosomatischen Medizin die Patienten an den Stellen zu begleiten, an denen ihre Behandlung trotz größter Bemühungen und korrekter Behandlung im jeweiligen anderen Fachbereich aus unerfindlichen Gründen zu scheitern droht. Hier gemeinsam mit den Patienten einen Veränderungsansatz zu finden, um das erlebte Leiden zu mindern und die Lebensqualität zu verbessern, ist der Teambeitrag der psychosomatischen Medizin zu unserem Gesundheitssystem. Und dies ist umso wichtiger als die Medizin nicht der Gewinnmaximierung dienen sollte, sondern Patienten in Krisen Hilfe, Unterstützung und soziale Interaktion zukommen zu lassen.

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